A'mare. The Jacopo Foggini Collection on The Terrace of the Villafranca Hotel in Positano.
Oktober 2023
Lorenza Scalisi
Positano On Top of the Rocks
HVF, ein historisches Hotel der Amalfiküste entscheidet sich für die Gegenwart.
Schwarz und Weiß im Kontrast. Absolute Bichromie wie auf der Tastatur eines Klaviers. Und tatsächlich steht in der Halle des Hotels ein Klavier, inmitten von zwei Sofas On the Rocks. Schwarz. Eine Assonanz, zwischen den „Farben“ der Musik und dem Mood des Ambiente, die nicht dem Zufall überlassen wurde, andererseits ist hier nichts zufällig. Man könnte meinen, dass es in der Vision desjenigen, der diese Räume gestaltet hat, keine Mittelwege oder Schattierungen gab, sondern nur „black & white”. Ein bewusstes Brechen mit der Vergangenheit dieses historischen Hotels in Positano, vor allem aber eine Entscheidung mit Charakter. Und Charakter besitzen Rosa Taddeo und Massimo Napoli mehr als genug. Sie haben sich vor circa dreißig Jahren in einem Lokal im Hafen von Positano, in dem er jeden Abend auftrat, kennengelernt. Am Klavier natürlich. Sie treffen sich, während sie das Metier der Hotellerie erlernt, von Papa Mario und Mama Francesca und vorher noch von Oma Franca und Opa Giuseppe, für alle nur „Peppino“. So nannten ihn auch die amerikanischen Soldaten, die in den 40er Jahren die Bar oder eher das Haus von “Mr. Russo”, Bartender ante litteram und entschieden sui generis, der jeden Abend seinen Spaß daran hatte, neue Cocktails mit Zutaten aus der Region zuzubereiten, besuchten. Positano ist da noch ein kleines Fischerdorf und die Bar von “Peppino” ist die einzige im Ort. Reine Avantgarde, viel früher als die Illusion des Dolce Vita, die dazu führte, dass erst kleine Wohnungen geschaffen wurden und dann “Zimmer mit Bad”, wie es in der Broschüre aus diesen Jahre steht.
Andere Zeiten, aber der gleiche Unternehmergeist und derselbe Wunsch, ihre Gäste zu beherbergen und für ihr Wohlergehen zu sorgen, die auch heute noch Rosa und Massimo, die in der Zwischenzeit sowohl in der Liebe wie im Geschäft ein Paar wurden, antreiben und die Villa Franca von einem einfachen Drei- Sternehotel in ein luxuriöses Fünf-Sternehotel verwandelte. Und da beginnt eine neue Phase dieser Geschichte. Nicht nur ein Upgrade der Serviceleistungen, zu denen heute das Gourmetrestaurant und das Rooftop mit Pool und Spa zählen, sondern vor allem ein stilistischer Eingriff, der nie zuvor in dieser Gegend gewagt wurde, nämlich jedes für die Costiera so typische, dekorative Element zu entfernen. In primis die bunten Vietri- Keramiken und die antiken Möbel, die überall durch weißen, gesprenkelten Marmor und eine mehr zeitgenössische Essentialität ersetzt wurden. Evolution, oder besser noch Revolution anstelle der Tradition. Die Idee war, eine Art Atelier zu schaffen, in der man einer reichen Kunstsammlung, ein Ergebnis der Kollaboration mit Liquid Art System- eine Kunstgalerie, die in Capri gegründet wurde und heute auch mit Sitzen in Positano, London und Istanbul- absolute Freiheit gelassen hat und eine Einrichtung besitzt, die wesentlich mehr als nur eine rein ästhetische oder praktische Funktion besitzt.
An der Fassade, dieses typisch mediterranen Gebäudes bekommt man bereits einen Vorgeschmack auf die Welt, in die man in Gänze erst nach Überschreiten der Türschwelle eintaucht: über dem Profil einer Skulptur von Matteo Pugliese, sticht als site-specific Werk eine Lampenskulptur von Jacopo Foggini hervor. Im Inneren macht der Total Black-Look der Einrichtung, die sich auf dem weißen Marmor spiegelt, das Ambiente theatralisch. Es gibt nur einige wenige verspiegelte „Veredelungen“ und äußerst wenige Farbtupfer, wie zum Beispiel der goldene Sessel Vermelha. In der Rezeption ein Tisch Egeo und die Stühle Jenette, beide schwarz. Der Scrigno und der Beistelltisch Brasilia in der Lobby, neben den Sofas On the Rocks und den Samtstühlen Blue Velvet. Die zwar blau sind, aber in einem Blau so Schwarz, wie die Nacht. Im Ristorante Li Galli, bilden neben den Sesseln Margherita, weitere Tische Egeo sieben „Inseln“ aus Glas, die sich mit den Farben des Meers und des Himmels vermischen, und die am Abend zum perfekten Hintergrund für die gastronomische Performance des jungen, talentierten Chefs, Savio Perna, werden. Während der Maitre Kreationen wie den Plin Napoletano oder Tentacolandoci dekantiert und der Sommelier aus mehr als tausend Etiketten des Weinkellers die passendste Flasche auswählt, ändert sich die Mise en Place mit jedem Gang mit einer Abfolge ungewöhnlich geformten Porzellans, das dazu gewählt wurde um mal einen Fisch, mal ein Dessert besser zur Geltung zu bringen. Dulcis in fundo, das Ritual des Kaffees, der in hellblauen Villeroy & Boch -Tassen serviert wird, mit dem „Autogramm“ von Massimo Napoli auf dem Boden. Auch das Besteck wurde mit den Pyramiden der Häuschen von Positano, die auf dem Griff bis zu den Zinken hin eingraviert sind, personalisiert. Ein Hauch von Stil, den man immer schätzt. Das Besteck und die Tassen, aber auch der Raumduft, die Bettwäsche, Bademäntel und die amenities, mit den Voluten, die die der Fenster der Villa nachzeichnen. Die Theke verdient eine eigene Anmerkung. Aus einem einzigen, weißen Marmorblock herausgeschlagen, ist sie ein echtes Unikat, wie auch die Alabastersplitter, die aus dem Rohling des Minerals herausgeschnitten und auf einem 24-Karat Gold-Gestell montiert, zu den Tischen Cicladi werden.
Aber wer im ständigen Modus “work in progress” lebt, muss immer weiter nach vorne schauen. Rosa und Massimo scheinen in ihrem Heim und Hotel, mit der besten Aussicht von Positano, nie genug von neuen Horizonten zu bekommen. Aus der gerade erst geöffneten Baustelle in einem Herrenhaus, das erst kürzlich, nur wenige Schritte entfernt, angekauft wurde, entstehen weitere Zimmer, die zu den bereits bestehenden hinzukommen. Es werden Unterkünfte mit bedeutenderen Ausmaßen, inklusive einiger Suiten mit privatem Pool. In ihren Träumen gibt es auch das Projekt der “Villa Franca a Mare”, einem Strandbad mit einem eigenen Anlegesteg für diejenigen, die die Costiera an Bord einer Yacht oder Luxusyacht leben. Eine Welt, die der Nautik, die “Mr. and Mrs. Naples” sehr gut kennen, da zu ihrem Bestand auch eine HVF-Yacht gehört. Es ist ihr Ehrgeiz die Marke der Hotels oder vielleicht auch nur des Restaurants zu exportieren. Das Objektiv ist eine große Stadt, vielleicht Mailand. Opa “Peppino” würde dies sicher gutheißen und bei der Gelegenheit zu einem Cocktail einladen. Samtig weich und on the rocks.
Lorena Scalisi Als professionelle Journalistin schreibt sie seit über zwanzig Jahren für in- und ausländische Zeitschriften über Reisen und Lifestyle. Ab Oktober 2021 ist ihr bei L’Ippocampo erschienenes Buch „Tutti i piatti del Presidente“ (Alle Gerichte des Präsidenten) im Buchhandel erhältlich. Sie hat kürzlich die Plattform exclusamentehotel.com ins Leben gerufen, ein digitales Magazin über Luxushotels, das in Zusammenarbeit mit Starpool erstellt wurde. |